…viel zu erzählen :)

Eine Woche habe ich nicht geschrieben und das ist eigentlich nicht viel, aber in der Zeit habe ich eine Menge erlebt, sodass ich mich jetzt mal hinsetze und etwas dazu schreibe! Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn man gespannt auf Neuigkeiten wartet, aber gleichzeitig nicht ständig fragen will, weil die betreffende Person sich auf ein ganz neues Umfeld einstellen muss. Auch wenn ich nicht immer sofort antworte, sind eure Fragen sehr hilfreich für mich! Sonst weiß ich nicht so richtig, was euch interessiert, denn das fremde Land wird für mich immer normaler werden und das ungewohnte Leben zum Alltag.

Im Moment aber ist noch so vieles neu, dass ich wahrscheinlich viel zu viel schreibe! Für ein bisschen Gliederung werde ich einige Themen besonders hervorheben und mit Ereignissen der letzten Woche verknüpfen.

GLAUBE
Freitagabend war ich mit meinen Gasteltern bei einem Bibelkreis. Es waren 9 Personen anwesend, und wir saßen im Wohnzimmer von Freunden. Erst las jemand ein Kapitel aus dem Heft einer christlichen Bewegung, danach wurde darüber gesprochen und diskutiert. Obwohl ich nicht katholisch bin, war es eine sehr interessante Erfahrung für mich.
Ebenso der Kirchenbesuch am Samstag. WP_20160730_19_13_52_ProDabei war allein schon die Architektur spannend, denn es ist ein wunderschönes Gebäude mitten in dem großen Park. Bei der Messe waren bestimmt 200 Leute und der Priester hat meiner Meinung nach gut gesprochen. Außerdem wurde viel gesungen. Ich habe mich erstaunlich wohl gefühlt, auch wenn ich nicht demselben Glauben angehöre. Bei solchen traditionellen Ritualen spüre ich eine besondere Atmosphäre – ob das nun tatsächlich etwas Spirituelles ist oder nicht, sei mal dahingestellt. Ich finde es faszinierend, wie überzeugt viele Menschen von ihrer Religion sind, und wie innig und leidenschaftlich gebetet wird.

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Hier ist dieses Thema überhaupt viel präsenter als in Deutschland. Jugendliche zeigen offen, dass sie katholisch sind, auch auf Instagram und in WhatsApp-Status spiegelt sich ihr Glaube wieder. Am Montag hatten wir zwei Stunden Mittagspause und sind nach dem Essen ins Stadtzentrum gelaufen, um die Kirche zu besuchen. Zwei meiner Klassenkameradinnen haben sicher eine Viertelstunde in der Kapelle gebetet, während ich draußen gewartet habe. Meine Gastfamilie betet jeden Abend am Bett des jüngsten Sohns und ich finde es eine sehr schöne Tradition. Außerdem hört man oft die Phrase que Dios la acompañe, also „möge Gott dich begleiten“, zum Abschied.

 

AUSFLÜGE

Am Wochenende waren wir bei einem Fußballspiel meines 20-jährigen Bruders in einem Nachbardorf (seine Mannschaft hat gewonnen) und in La Fortuna. Der Gastvater war dort auf einer Konferenz und wir waren im Pool des Hotels schwimmen und haben dort gegessen. Dann sind wir zum Vulkan Arenal gefahren. WP_20160731_14_59_18_ProEs war leider ziemlich neblig und man konnte nicht viel sehen, aber es war trotzdem beeindruckend. Am Straßenrand war eine Gruppe von Nasenbäre, pizotes auf Spanisch. Diese Tierchen sind unglaublich niedlich! Unten habe ich einige Bilder angefügt.
Danach waren wir noch Eis essen und haben das Wetter genossen, denn dort ist es deutlich heißer als in den Bergen.

Dienstag, der 2. August, war hier ein Feiertag: der Dia de la Virgen de los Angeles. Hier ist es üblich, zum nächsten Ort mit dem Namen Los Angeles zu laufen (nicht nach Kalifornien, aber manche pilgern tatsächlich von La Fortuna nach Cartago und das ist auch schon ein ganzes Stück). Zu meinem Glück gibt es hier im Umkreis auch ein Los Angeles, das nur ca. 13km entfernt liegt. So bin ich mit meiner Gastschwester, einer Cousine und zwei Freunden um 9:00 Uhr losgewandert. Der Weg war wunderschön, aber ziemlich anstrengend, da es die ganze Zeit bergauf, bergab ging. Nach ziemlich genau 2,5 Stunden kamen wir an. Der Ort war voller Menschen, es gab viel Essen, Musik und an einem Stall wurden Kühe verkauft. Am Nachmittag fuhren wir mit dem Bus zurück und hielten zum bei einer Tante.

 

ESSEN

Hier wird nämlich jeden Tag Kaffee getrunken. Dazu gibt es Plätzchen und Kuchen, aber auch salziges Gebäck und Käse. So kann ein gedeckter Tisch um 16:00 Uhr hier aussehen:

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Ich lerne noch immer fast jeden Tag ein neues Obst oder Gemüse kennen und eigentlich schmeckt mir das Essen hier sehr gut. An meiner Schule gibt es einen Kiosk, der sehr günstig Snacks verkauft und jede Pause besucht wird. Vor einigen Tagen habe ich mit meiner Gastschwester total leckeren Apfelkuchen gebacken. Ich genieße die fruchtigen Getränke, refrescos genannt. Warum also eigentlich? Dazu komme ich gleich.

 

SCHULE

Am Mittwoch hatten wir das Schulfach club, bei dem man sich einen Workshop aussuchen kann. Ich ging mit dem Großteil meiner Klasse zum Kochen und es wurde das Nationalgericht gallo pinto zubereitet. Es besteht aus Reis, schwarzen Bohnen, Ei und Käse. Wir kochten und aßen also fröhlich und gingen danach wieder in den Unterricht. Die nächste Klasse ist mit Geografie in Deutschland vergleichbar, handelt sich aber offensichtlich nur um Gewässer. In den nächsten Wochen gehen wir den Rio Celeste besuchen, über den ich schon einmal geschrieben habe. Jedenfalls sind wir in den Computerraum gegangen und dort haben die meisten Tanzvideos und Musik auf YouTube gesucht. Einige haben mich gebeten, dass ich ihnen deutsche Musik zeige, und ich habe das Lied „Lieblingsmensch“ von Namika ausgesucht. Weil ich mal erwähnt hatte, dass ich in Deutschland Gesangsunterricht habe, wollten sie, dass ich mitsinge. Das tat ich auch und plötzlich war es ganz leise. Dann haben alle geklatscht. Es war ein bisschen peinlich, aber sehr lieb.

 

GESUNDHEIT

Später wurde mir von einer Minute auf die andere sehr schlecht und ich begann zu spucken. Alle haben sich rührend gekümmert, bis meine Gastmutter mich abholte. Zuhause hing ich fast drei Stunden über der Kloschüssel, dann konnten wir endlich zum Arzt. Ich bekam eine Spritze und Medikamente, außerdem „suero“, eine ekelhaft süße Lösung, weil mein Elektrolythaushalt komplett durcheinander war. Den restlichen Tag konnte ich nichts bei mir behalten und bin beim Abendessen irgendwie umgekippt, das war ein echt unheimliches Erlebnis. Abends war noch ein Doktor da, der meinte, dass es wahrscheinlich eine Lebensmittelvergiftung sei und am nächsten Tag besser werde.

Tatsächlich fühle ich mich seit heute morgen viel besser. Ich bin nur noch etwas erschöpft und müde, aber das sind nur Nebenwirkungen der Tabletten und der körperlichen Anstrengung des Übergebens (ich habe Bauchmuskelkater, wirklich). Also bin ich zuhause geblieben, habe geschlafen und ein wenig Hausaufgaben erledigt, die gibt es hier nämlich auch. Die Vermutung mit der Lebensmittelvergiftung bestätigte sich, als ich durch die Klassengruppe erfuhr, dass einige Mitschüler im Kochclub ebenfalls Beschwerden hatten, die von Durchfall über Kopfschmerzen bis Übelkeit reichten. Ich habe nur früher und heftiger reagiert, weil ich das Essen hier noch nicht gewohnt bin und mein Magen deswegen vielleicht sensibler ist. Jedenfalls werde ich in Zukunft vorsichtiger mit Käse sein, daran lag es nämlich aller Wahrscheinlichkeit nach.

Manchmal habe ich etwas Kopf- oder Bauchschmerzen, aber das ist wegen der Umstellung von Klima und Ernährung wohl ganz normal. Obwohl ich viel schlafe, bin ich nachmittags oft erschöpft. Langsam kann das nicht mehr am Jetlag liegen, deshalb schiebe ich es auf die Konzentration, die es braucht, den ganzen Tag eine fremde Sprache zu sprechen. Aber das wird alles 🙂 Ansonsten fühle ich mich sehr wohl hier. Heute habe ich mit einigen meiner Lieblingsmenschen geskypt und obwohl ich alle sehr vermisse, komme ich bisher ganz gut klar. Unten findet ihr noch ein paar grafische Eindrücke!

Liebe Grüße an alle  ❤

Annika

P.S.: 44 Follower und über 3000 Aufrufe?? Wow, ihr seid der Hammer.

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8 Kommentare zu „…viel zu erzählen :)

  1. Liebe Annika, heute habe ich beim Frühstück, mit Blick in den Wald den Du ja kennst, Deinen Beitrag gelesen. Danke, daß Du uns so intensiv teilnehmen lässt. Ich wünsche Dir, daß es Dir wieder besser geht und Dein Bericht erinnerte mich an meine Magenverstimmung auf den Galapagos-Inseln. Mir ging es extrem schlecht und eigentlich will man nur seine Ruhe. Unsere europäischen Mägen sind einfach sensibel für die Kost in anderen außereuropäischen Ländern. Auch in Nepal wollte ich fast mal sterben..
    Was Du über den Glauben schreibst, ja, eigentlich sind wir doch alle Christen. Und als ich den Jakobsweg ging, war ich fast jeden Abend in der katholischen Messe ohne eigentlich genau zu wissen, weshalb. Ich fühlte mich nach dem anstrengenden Tag und den Ritualen (das Hinknieen habe ich mir wegen meiner müden Beine geschenkt) irgendwie geborgen. Ich bin, im herkömmlichen Sinn, kein kirchlich-gläubiger Mensch, aber offen für andere Religionen und je mehr ich von der Welt gesehen habe, desto mehr bin ich der Meinung, daß, sollte es einen Gott geben, wir alle gemeinsam einen einzigen haben.
    Schade, die Musik konnte ich leider nicht hören, weil sie in Deutschland nicht verfügbar ist. Ich hätte Dich gerne singen gehört!!!
    Das Bild mit dem Essen freute mich sehr. Ich entdeckte die Hersheys Schokolade. Das war in meiner Kindheit meine allererste Schokolade. Ich muss so5 oder 6 gewesen sein und die Amerikaner haben sie wohl in Care-Paketen geschickt. Es war der Himmel auf Erden für mich und bei meinem USA-Besuch erzählte ich es Gudruns Sohn. Der zog sofort los und kaufte 5 Riegel für mich. Wie war ich enttäuscht! Sie schmeckte mir nicht mehr!
    In Polen fand letzte Woche übrigens das Jugendtreffen der Katholiken statt und der Papst war auch da.(Ich war aber vor ihm da!) Als die deutschen Teenies interviewt wurden meinten sie auch, dass sie es großartig finden, wie selbstverständlich die Jungen hier zu ihrem Glauben stehen. Das deckt sich ja mit Deinen Gedanken.
    <jetzt bist Du also auch schon gepilgert. Deshalb darfst Du mich jetzt auch Schwester nennen, das machen Pilgerinnen untereinander so!!!
    Wie heißt nochmal genau dein Ort und welcher größere ist in der Nähe? Meine Wanderfreundin, die schon mehrmals in dem Land war, wollte es wissen und ich wusste es nicht mehr. Asche über mein Haupt!
    Es mach Spass, Dir zu schreiben, aber noch mehr, Deine Berichte zu lesen. Am Sonntag kommt nochmals Matthias mit Kindern auf Zwischenstation und schaun wir mal, was wir so unternehmen.
    Ich wünsche Dir ein wunderschönes und gesundes Wochenende, umarme Dich und freue mich, daß es Dich gibt!
    Deine Oma Heidi

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    1. Ja, stimmt natürlich 🙂 Das nächste Mal informiere ich mich vorher…
      Danke für den lieben Kommentar, es freut mich sehr, wenn ich meine Erlebnisse mit anderen teilen kann!
      Viele Grüße
      Annika

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    1. Vielen Dank für das Teilen deiner Eindrücke und vieler Erlebnisse. Macht Spass deinen Blog zu lesen. Deine „pisotes“ heißen übriges auf deutsch Nasenbären. 🙂 Liebe Grüsse von Andi und Astrid

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